MSWD- Ein Grenadierzug "Henger de Bahn"

Die nachstehend aufgeführten Gründungsmitglieder gehörten bis 1952 dem Grenadierzug "Altstadtknäller" an. Unstimmigkeiten führten zu einer Trennung, was für die Ausgetretenen mit einer kurzfristigen "Kirmespassivität" verbunden war.

 

Am 8. November des Jahres 1954 traf sich eine Gruppe junger Männer in der Gaststätte Steves auf der Furtherstraße. Diese Gruppe um die schützenfesterfahrenen Josef Tilmes jr., Karl-Heinz Beek sen., sowie Gerhard Hennen fassten sehr schnell den Entschluss, einen neuen Grenadierzug aus der Taufe zu heben. Da der größte Teil schon über langjährige Erfahrung im Schüzenwesen verfügte, wurde unter dem bezeichnenden Namen "Mer send wer do" (Für nicht sprachkundige: "Wir sind wieder da") der neue Zug gegründet.

Zur ersten Zugführung wurden Olt. Josef Tilmes jr., Lt. Gerhard Hennen und Feldwebel Karl-Heinz Beek sen. gewählt. Weitere Gründungsmitglieder waren:

Josef Schillings, Ludwig Hellenbrand, Heinz Tappen, Peter Cloeren 


Die Anfänge

In den Anfängen des Zuglebens, verlief der jeweilige Schützenfest-Sonntagmorgen sehr strapaziös ab.

Man traf sich früh morgens unter dem "Kommando" des Unteroffiziers und marschierte, begleitet mit Trommel und Flöte, das Zuhause des Feldwebels an, der zum Frühstück einlud.

 

Diese Prozedur wiederholte sich beim Leutnant und Oberleutnant. Unter dessen Kommando wurde dann zum Antreteplatz marschiert. Nach wenigen Jahren haben die einsichtigen Chargierten den Zug von dieser Strapaze erlöst und spendierten von nun an ein gemeinsames Frühstück im Zuglokal.


Die 50er und 60er waren dann die Sturmzeiten dieser Zuggeneration. So wechselte man in den Anfangsjahren des öfteren die Zuglokale. Zu einem festen Bestandteil wurden schnell die Krönungen im alten Industriehotel an der Hammer Landstraße. Hier wurden mit zahlreichen Gästen und Freunden rauschende Feste gefeiert. 

 

Ende der 50er zeigte sich dann, wie wichtig die guten Kontakte der Zugmitglieder zu Neusser Firmen waren und auch, dass sich im Zug Handwerker befanden.

So wurde die Königskette bei der damaligen Traktorenfirma Harvester von einem Schmied in Handarbeit hergestellt. 

Sie ist heute ein Zeichen für kaum noch zu findende Feinschmiedekunst. Die Königskette zeigt - eingerahmt vom Obertor, Hessentor und Münster - das Wappen der Stadt Neuss.


Der Fackelbau

Für den Zug stand das Fackelbauen hoch im Kurs!

Mit einem bei der Firma Ideal Standard gebautem Fackelgestell und weiteren guten Kontakten zu Unternehmen in Neuss, konnten alle benötigten Materialien für den Fackelbau zusammengestellt werden.

Das Gelände der Firma Brennstoffhandel Tilmes war über Jahrzente zwischen Juni und September Anlaufstelle für viele Schützenzüge. Hier pulsierte das Schützenleben in seiner ureigensten Form. Viele Züge aus unterschiedlichsten Korps, fanden hier ihren Fackelbauplatz.


Mit einer Ausnahme erstellte der Zug jedes Jahr eine Großfackel. Zum Fackelrichtfest wurden Freunde, Förderer und Sparer des Zuges eingeladen. Dies galt als Dank für die Zuwendungen und Unterstützungen, die der Zug erhielt. Die als "Sparer" bezeichneten, waren u.a. Familien die entsprechend ihren Möglichkeiten, mit wöchentlichen oder monatlichen Geldbeträgen beim Zug "sparten". 

Wenige Tage vor dem Schützenfest erhielten sie die eingezahlten Betrag zurück und stellten die angefallenen Zinsen dem Zug zur Verfügung.

 

Public Relations

Dass der Grenadierzug "Mer send wer do" von Anbeginn seines Bestehens im öffentlichen Schützeninteresse stand, lag nicht nur daran, dass der Vater des Olt. Josef Tilmes als Oberst von 1949 - 1960 dem Neusser Regiment vorstand, vielmehr zeigte der Zug von jeher großes Korpsinteresse.

 

Man kennt sich

Wie es sich für einen richtigen Neusser Schützenzug gehört, gab es auch in diesem Zug eine Familiendynastie. Familie Tappen marschierte zeitweise mit 6 Familienmitgliedern in den Zugreihen.

Wie es sich für einen richtigen Neusser Schützenzug gehört, gab es auch in diesem Zug eine Familiendynastie. Familie Tappen marschierte zeitweise mit 6 Familienmitgliedern in den Zugreihen.


Einen schweren Schlag musste der Zug im Schützenfestjahr 1960 hinnehmen, als beim Fackelzug der Vater des Oberleutnants, Oberst Josef Tilmes sen. beim Umzug verstarb.

 

In dieser schweren Stunde zeigt sich aber auch die große Verbundenheit des Zuges mit der Familie Tilmes und so entschied man sich trotz des Vorkommnisses in Gedenken an den verstorbenen das Schützenfest 1960 weiter zu begehen.


Schießen lernen - Freunde treffen

Neben der vielen Aktivitäten der Männer im Zug gab es immer wieder großes Bestreben, die Familien in das Zugleben mit einzubeziehen. So fanden regelmäßig Familientouren statt. Mal ging es an die Mosel, mal an die Nordsee oder einfach nur ans Jröne Meerken. Wie bei den Schützenzügen üblich, wurde auch beim Grenadierzug "Mer send wer do" jährlich ein Zugkönig ausgeschossen.

Die Schießplätze wechselten, bis man bei Kempges in Rosellerheide einen Stammplatz fand. Um den Tag in denkwürdiger Form abzuschließen, besuchten am Nachmittag die Familienangehörigen das Schießen und oftmals wurde der neue Zugkönig bis in den späten Abend gefeiert. 

Den eigentlichen Höhepunkt erlebte der Zugkönig in der "kalten Jahreszeit".

Die Zeichen der Zeit

Im Jahr 1966 musste zum ersten Mal in der Mittlerweile 12-jährigen Zuggeschichte die Zugführung geändert werden. Als Vorstandsmitglied der Neusser Grenadiercorps wurde der Oberleutnant Josef Tilmes zum Major der Grenadiere gewählt. Dieses Amt führte er 10 Jahre aus, bis er aus gesundheitlichen Gründen wieder in die Reihen als "einfacher" Grenadier-Stabsgefreiter zurückkam. 

Ein Novum war sicherlich, dass Josef Tilmes die Kassengeschäfte des Zuges von 1954 - 1992 ununterbrochen führte, selbst während seiner Zeit als Major. 

Ende der 80ziger Jahre zeigte sich ein schleichendes Problem im Zug. Die Altersstruktur stimmte nicht mehr. Die Mitglieder wurden älter und man vergaß fast, jungen Nachwuchs zu rekrutieren. Eins war gewiss, einen Fortbestand sollte dieser traditionsreiche Zug haben. Und so konnte man von Jahr zu Jahr einige junge Freunde dazugewinnen. Sehr schnell erkannten diese ‚jungen Wilden", wie gut man im Kreis mit Alt und Jung ein Zugleben aufbauen kann. Und so kam es nicht selten vor, dass schon ein erheblicher Teil der Jugend der Erfahrung und Ausdauer der Älteren auf Festen oder dem Schützenfest Tribut zollen mußten. 

Das gute Zugklima sprach sich schnell unter Freunden herum, und so stieg die Mitgliederzahl auf zeitweise 23 Aktive an. Das war auch die Zeit, wo in der Zugführung das Alter gesenkt wurde. Zum vierzigjährigen Jubiläum hatte der Vorstand einen Altersdurchschnitt von 30 Jahren. Im Laufe der 90er zeigte die Jugend, dass man bereit war, traditionsgemäß im Sinne der Gründer den Zug weiterzuführen. So wurde der Fackelbau intensiv weiterverfolgt und die Feiern im Kreise der Zugfamilie ausgeweitet. Das vierzigjährige Zugjubiläum wurde 1994 im Thomas Morus Haus auf der Neusser Furth, also "Henger de Bahn" gefeiert. Vor der grossen Zugfamilie, Freunden, Abordnungen und Gästen, hielt unser Zugkamerad Hans Tappen einen eindrucksvollen Rückblick.


Im Jahre 2002 kam es zu einem Bruch der Gemeinschaft und einige Mitglieder verließen den Zug. Wie schon zuvor in Krisensituationen fanden sich Kameraden, die bereit waren Verantwortung zu übernehmen und den Zug im Sinne der Gründerväter weiterleben zu lassen bzw. neu aufzubauen. Das Schützenfest 2003 wurde im Rahmen einer Zuggemeinschaft mit dem neugegründeten Zug ‚Ziemlich Zackig" gefeiert. Für beide Züge war dieses Schützenfest eine wertvolle und gute Erfahrung und sollte eine vorbildliche Möglichkeit für andere Züge sein, die in einer ähnlichen Situation sind. 

Das fünfzigjährige Zugjubiläum wurde mit vielen Freunden, Gastmarschierern, ehemaligen Kameraden und offiziellen Abordnungen, u.A. des amtierenden Schützenkönig Marco 1. mit einem Dankgottesdienst in St. Josef und einem Frühschoppen im Papst Johannes Haus, also "Henger de Bahn', gefeiert.Zum 50. Jubiläum marschierte der Grenadierzug „Mer send wer do von 1954" wieder eigenständig über den Markt. Der Zugname war aktueller als je zuvor und gewann ganz neue Bedeutung - "Mer send wer do". In den Jahren 2005 und 2006 fanden neue Mitglieder den Weg in die Reihen und so konnte man nach und nach den Zug wieder aufbauen. 
Dies wird im Gedenken an die Gründer getan und im vollen Bewusstsein für die Verantwortung einen traditionsreichen Grenadierzug weiterleben zu lassen. 


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